Bunte Beraterwelt - Was unterscheidet eigentlich Coaching von Beratung?

von Anke Lüneburg

Was genau ist Supervision, Organisationsentwicklung oder Organisationsberatung?

Und was heißt dann systemische Beratung oder systemisches Coaching?

Wenn Sie externe Unterstützung suchen, ist es wichtig, dass Sie wissen, in welchem Feld Sie die beste Hilfe für Ihr Problem finden.

Lassen Sie uns die Begriffe deutlich voneinander abgrenzen, um Klarheit zu schaffen.

Systemisches Coaching

Es ist Beratung ohne Ratschlag; ein Denkrahmen, innerhalb dessen es einer/em Klient/in möglich wird, neue Lösungen zu finden. Der Coach übernimmt die Verantwortung für die Gestaltung des Coachingprozesses – und der oder die Klient/in oder Coachee die inhaltliche Verantwortung. Er oder sie ist also bereit, an seinem Problem zu arbeiten.

Im Gegensatz zu anderen Coachings geht es nicht um Leistungssteigerung oder -optimierung, um bessere Verkaufserfolge oder mehr Aktivität – sondern das genau auf den Klienten zugeschnittene Arbeiten an ihrem Problem mit hoher Lösungsorientierung.

Business Coaching

Business Coaching ist ebenso wie Coaching kein geschützter Begriff, der auf bestimmte Qualitätsmerkmal hinweist. Es gibt viele unterschiedliche Coaching-Ausbildungen; Kunden oder Klienten sollten hier auf Inhalte und Dauer von Ausbildungen achten sowie auf die Zertifizierung durch einen anerkannten Coachingverband.

Business Coaching heißt allgemein, dass es im Coaching um berufliche Themen geht, z.B. Karriereplanung, Krisenbewältigung, Stärken von Kompetenzen, Ziele nutzen oder Veränderungen in Unternehmen bewältigen. Auch die Prävention vor Burn-out-Gefahren oder die Work-Life-Balance können dazu gehören.

Diese Felder decken systemische Coaches ebenso ab, wenn sie sich wie ich auf berufliche Themen spezialisiert haben und/ oder große Erfahrung in dem Feld haben.

Personal Coaching

Der Begriff ist aus den USA kommend weit verbreitet und ebenfalls nicht geschützt.

Personal Coaches sind psychologische Berater/innen, die je nach Schwerpunkt in der Lebensberatung tätig sind. Dazu gehört  z.B. Ehe-, Familien- oder Erziehungsberatung. Auch Alters- oder Sterbeberatung kann ein Beratungsfeld sein. Wichtig: Personal Coaches bzw. psychologische Berater sind keine Therapeuten und können keine psychischen Erkrankungen therapieren.

Die Überraschung: Wenn die Qualität gut ist, ist es systemisches Coaching! Nämlich genau auf den Klienten maßgeschneidertes, nachhaltiges, flexibles und vor allem professionelles Coaching.

Therapie

Coaching ist keine Therapie! Das kann und darf sie nicht leisten. Wenn ein Coach ein tiefergehendes psychisches Problem bei einem Klienten wahrnimmt, muss er darauf hinweisen und sollte aus ethischen Gründen den Klienten bei der Suche nach einem ausgebildeten Therapeuten unterstützen. Hierfür sind entsprechende Handbücher der Städte und Kreise hilfreich.

Beratung

Ein Berater wird geholt, um konkrete Probleme in einem Unternehmen zu lösen. Das heißt, es wird von ihm erwartet, dass er aktiv wird: Die aktuelle Situation analysiert, Defizite sichtbar macht, Lösungen präsentiert und Maßnahmen empfiehlt, die das Unternehmen umsetzen soll.

Aus klassischer Beratersicht wird ein Unternehmen als zielorientierte und rational gestaltete Organisation angesehen, in der zweckrationale Menschen tätig sind. Daher werden dann Maßnahmen angeordnet, die aus Sicht der Berater sinnvoll sind – und ggf. wurden die betroffenen Mitarbeiter oder Führungskräfte nicht einbezogen.

Auch die Beratung einzelner Mitarbeiter ist möglich: Dieses wird meist in Trainings umgesetzt, in denen Mitarbeiter Instrumente oder Tools an die Hand bekommen, um z.B. das Führen oder Kommunizieren zu lernen oder zukünftig besser planen zu können. Häufig geht um die Verbesserung der Leistungen, der „Performance“, weniger um die Persönlichkeit der Mitarbeiter oder Führungskräfte.

Im Gegensatz zum Coaching werden hier konkrete Ratschläge gegeben, deren Umsetzung ebenso erwartet wird wie die Weiterentwicklung der beratenen oder geschulten Mitarbeiter. Lösungen werden ggf. vorgegeben und nicht selbst erarbeitet.

Systemische Organisationsberatung und Organisationsentwicklung

Im Gegensatz zur klassischen Organisationslehre (siehe oben) ist die Grundlage der systemischen Organisationstheorie das systemische Denken (verlinken): Eine Organisation ist sehr komplex, widersprüchlich und neigt zu Konflikten. Menschen leben in ihrer eigenen Welt, die häufig nicht mit der Realität übereinstimmt. Bis zu einem gewissen Grad passen sie sich an die Realität ihres Unternehmens an (da sie ja Geld verdienen müssen), aber sie handeln nicht linear und sind nicht steuerbar. Sie haben unterschiedliche Bedürfnisse, Ängste, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten, Vorlieben und Abneigungen. Sie sind nicht nur Angestellte eines Unternehmens, sondern nehmen im Privatleben weitere Rollen ein, z.B. in der Familie oder im Verein.

Um die hohe Komplexität bewältigen zu können, bilden Menschen Muster ihres Handelns, Verhaltens und Denkens aus Ritualen, Vorurteilen, Weltbildern oder Gewohnheiten.

Damit steuert sich ein Unternehmen über diese Reduktion von Komplexität: Gemeinsame Weltbilder, Ansichten, Rollenzuteilungen und Hierarchien. Zur Bewältigung werden künstliche Gebilde wie Organigramme, Stellenbeschreibungen, Vereinbarungen etc. getroffen. Neben den offiziellen Strukturen besteht eine Organisation aus inneren Strukturen: Gewohnheiten, Werte, Benehmen, Vorurteile, Erwartungsmuster etc.. Mit Hilfe dieser Konstrukte sind Menschen einer Organisation in der Lage, Informationen zu selektieren und zu bewerten.

Daher sind sich systemische Organisationsberater darüber im Klaren, dass Organisationen ein autonomes Eigenleben führen, das nicht immer beeinflussbar und durchschaubar ist. Organisationen verändern sich ständig und schaffen stetig eine neue Ordnung durch Kommunikation, Wahrnehmungsmuster und Erwartungshaltungen. Damit entsteht ein Selbstverständnis, das aus Weltbildern, Sinnkonstrukten und inneren Ordnungsstrukturen besteht und die Organisation stabilisieren. Damit sind jedoch Veränderungen schwer durchsetzbar, die in der heutigen dynamischen Welt erforderlich sind. Das ist der Grund für manches Scheitern von Change-Prozessen.

Systemische Organisationsberater wählen daher den Weg der Interventionen: Sie geben Impulse in die Organisation, die diese jedoch selbst umsetzen muss. Sie versuchen, die Balance zwischen Verändern und Bewahren zu halten, zeigen Wege auf, damit Organisationen aktiv und kreativ an ihrer Zukunft arbeiten können. Die systemischen Berater sind Partner, die die bestehenden Strukturen erkennen und so intervenieren, dass die Vorschläge von Mitarbeitern und Führungskräften umgesetzt werden können. Stetige Reflexionen sind erforderlich, um die gewünschten Veränderungen umzusetzen.

In der systemischen Beratung haben Berater eine Haltung: Sie verstehen sich als Impulsgeber, die Wertschätzung, Vertrauen in die Fähigkeit zur Selbsthilfe und die Entwicklungsfähigkeit von Menschen und Organisationen als Basis ihrer Arbeit sehen. Sie sehen die Kompetenzen und Fähigkeiten, die sie entwickeln können.

Sie sind Begleiter auf dem Weg, um die Problemlösungskompetenz einer Organisation zu erhöhen. Es geht nicht darum, Schuldige zu finden und einzelne Menschen zu verändern, sondern Strukturen und Beziehungsmuster zu erkennen und diese zu verändern. Nur dann entsteht die Bereitschaft zur Weiterentwicklung der Organisation.

Erfolgsfaktoren für systemische Beratung sind eine klare Vereinbarung, das Einverständnis der Geschäftsleitung, die Zusammenarbeit mit wichtigen Persönlichkeiten der Organisation, die breite Einbeziehung der Mitarbeiter, der Partner und Umwelten der Organisation.

Supervision

Supervision wird ebenfalls für die Beratung von Menschen in ihren beruflichen Rollen und Positionen genutzt, ist somit sehr nah am Coaching. Zentrales Element des Beratungsprozesses ist die Reflexion. Der Klient wird wie im systemischen Coaching dabei unterstützt, Klärung und Entwicklung auf Basis eigener Erkenntnisse zu erreichen.

Darüber hinaus beinhaltet Supervision die Analyse von Organisations- und Arbeitsabläufen, das Ansprechen und Aufklären von Konflikten sowie die Erweiterung von Wahrnehmungsfähigkeit. Supervision kann somit die Qualifizierung beruflicher Arbeit insbesondere bei Fragen zu Führungskompetenzen, Konzeptentwicklung oder Kundenorientierung unterstützen.

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