Einteilung in Generationen - Sinn oder Unsinn?

Warum Wissen über Generationen für Führungskräfte hilfreich sein kann

von Anke Lüneburg

Seit einigen Jahren ist in den Medien und in der Personalwirtschaft die Rede von den Generationen der „Babyboomer“, „X“ oder „Y“. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich insbesondere mit der Generation Y und hat Stereotypen für einzelne Generationen entwickelt.

Ziel war und ist es, Rückschlüsse für die Arbeits- und Organisationswelt ziehen zu können, damit insbesondere Führungskräfte sich besser auf Unterschiede einstellen und ihr Führungswissen erweitern können.

Aus systemischer Sicht lebt jeder Mensch in seiner eigenen Welt - jeder konstruierte sich seine Wirklichkeit. Viele Menschen denken, dass alle so denken und handeln wie sie selbst - wenn nun traditionell orientierte Menschen mit den Werten „Arbeit ist Pflicht, Gehorsam gegenüber Vorgesetzten selbstverständlich“ auf Mitarbeitende stoßen, die „leben um zu arbeiten“ und viel Wert auf ihre Freizeit liegen, können Konflikte entstehen.

Daher gebe ich zunächst einen Überblick über die aktuellen Stereotypen von Generationen in vollem Bewusstsein, dass nicht alles für jeden zutrifft:

Traditionslisten (ca. 1924 – 1947)

  • Kriegsgeneration (Werte!)
  • Wiederaufbau
  • Hierarchie-Akzeptanz
  • Anpassung/Misstrauen
  • Jahrzehntelang beim gleichen Arbeitgeber
  • Treue
  • Gesünder als die Vorgänger
  • = Arbeit ist Pflicht und Gehorsam

Babyboomer (1948-1964)

Werte Gesundheit
Idealismus
Kreativität
 
Merkmale Teamorientiert
Karriereorientiert – schnell in Führungspositionen aufsteigen
Arbeit hat den größten Stellenwert
Weitere Merkmale:
Wettbewerb
Hart Arbeiten
Erfolg: Persönliche Belohnung
Teamorientierung
Autoritär und antiautoritär
= Leben, um zu arbeiten
Im Arbeitsleben Strukturierter Arbeitsstil
Regelmäßiger Austausch im Team
Pflege von Beziehungen und Netzwerken
 
Kommunikationsmedium Telefon  
Motivation Persönliches Wachstum
Wertschätzung für Ihre Erfahrung
Gefühl, gebraucht zu werden
 

 

Generation X (ca. 1965 - 1980)

Werte

Unabhängigkeit
Individualismus
Sinnsuche

 
Merkmale Pragmatisch
Selbstständig
Streben nach einer hohen Lebensqualität
Zeit ist wertvoller als Geld
Weitere Merkmale:
Globales Denken
Work-Life-Balance
Spaß („Generation Golf“)
Informelles Handeln
Selbstvertrauen
Pragmatismus
= Arbeiten, um zu leben
Im Arbeitsleben Ergebnisorieniert
Technisch versiert
Teieln Macht und Verantwortung
 
Kommunikationsmedien E-Mail, Mobiltelefon  
Motivation Hohe Freiheitsgrade in der Arbeitsgestaltung
Entwicklungsmöglichkeiten
Work-Life-Balance
 

 

Generation Y (ca. 1981 - 1995)

Werte

Vernetzung/Teamwork
Optimismus

 
Merkmale Leben im Hier und Jetzt
Mit neuen Technologien aufgewachsen
"24 Stunden online"
Weitere Merkmale:
Vertrauen, positive Grundeinstellung
Diversity
Soziale Verantwortung
Besondere Eigenständigkeit und Kreativität resultiert aus moderner Erziehung
Work-Life-Balance wichtiger als Geld
Vom Arbeitgeber werden Herausforderungen und Wachtumschancen erwartet
Teamwork
Netzwerke, auch international
Transparenz, Offenheit, sozialer Umgang mit Menschen und Umwelt besonders wichtig
Weg von starren Arbeitsmodellen
= Erst leben, dann arbeiten
Im Arbeitsleben Die Arbeit muss Spaß machen
lernbereit, arbeitswillig - aber Forderung nach Privatleben
Flexibel und anpassungsbereit, selbstständige und unabhäängige Arbeitsweise
Führungspositionen sind Ihnen nicht mehr so wichtig, eher Fachlaufbahnen und projektbezogenes Arbeiten
Meister im Multitasking
 
Kommunikationsmedien Web 2.0  
Motivation Selbstverwirklichung
Vernetzt sein
Mit Leuten auf der gleichen Wellenlänge zusammenarbeiten
 

Hinweis: Unterschiede zwischen städtischer und ländlicher Generation

Generation Z (ca. 1996 - 2010)

Werte

Sicherheit und freie Entfaltung

 
Merkmale Neue Technologien dienen der Wissenserweiterung wie der Kommunikation
Selbstverwirklichung in der Freizeit
Geborgenheit in der Gemeinschaft
Weitere Merkmale:
Internet-Jugend
Soziale Medien werden Wissensmedien
Individualisierung, Selbststeuerung wichtig
Soziale Verantwortung
Globales Denken gewohnt
Gut informiert, gebildet
Sicherheit/Geborgenheit wichtig
Kein Wunsch zu führen oder Herausforderungen anzunehmen
Rituake in der schnelllebigen Zeit wichtig!
= Leben und Arbeiten trennen
Im Arbeitsleben Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit, klare trukturen
Erwarten soziale Kompetenzen ihrer Führungskräfte und Kollegen (und müssen es z.T. selbst noch lernen)
Erwarten gute Unternehmenskultur, wollen mitreden
 
Kommunikationsmedien Instagram, Youtube, zukünftige Medien  
Motivation Arbeiten, um zu leben, da weniger Wohlstand als Elterngeneration, Nachhaltigkeit, Ziele erreichen  

Macht es nun also für Führungskräfte Sinn, sich mit den verschiedenen Generationen zu beschäftigen?

Ich denke, dass es hilfreich ist, denn die Unterschiede sind deutlich geworden - insbesondere hinsichtlich der sozialen Kompetenzen, die jüngere Mitarbeiter von ihren Führungskräften erwarten und die für ältere Führungskräfte, die selbst anders geführt wurden, nicht selbstverständlich sind. Dazu gehören unter anderem eine individuelle Kommunikation, Wertschätzung und Respekt für Andersartigkeit, Klarheit in der Führung, gemeinsame Zielerarbeitung und Motivation durch das Herausfinden der Bedürfnisse und Potenziale der einzelnen Mitarbeiter.

Dazu gehören zum Beispiel Freiräume, die Mitarbeitende brauchen - und diese können durchaus unterschiedlich sein! So wie Menschen früher (zum Teil noch heute) eng geführt wurden und werden (Befehl und Gehorsam), wodurch Potenziale nicht genutzt werden konnten, so macht es heute keinen Sinn Mitarbeitern große Freiräume zuzugestehen die das gar nicht möchten und gegebenenfalls sogar damit überfordert sind.

Gestandene Führungskräfte aus der Babyboomer- oder X-Generation finden häufig, Mitarbeitende sollen einfach ihre Arbeit machen – das täten sie ja auch. Die Generationen Y und Z wollen jedoch den Sinn hinter einer Aufgabenstellung wissen.

Auch im Umgang mit der eigenen Freizeit empfinden jüngere Menschen die älteren eher als abschreckend denn als Vorbild. Arbeiten gern – aber nicht 60 Stunden in der Woche!

Viele Menschen der Generation Y und Z wünschen sich, ihr gesamtes Wesen in Ihr Unternehmen einbringen zu können, also nicht mit einer Maske zu arbeiten. Sie möchten mitentscheiden und am Erfolg des Unternehmens aktiv mitarbeiten. Damit entsprechen sie den lernenden und lebendigen Organisationen, zu denen sich einige Unternehmen und Institutionen bereits entwickeln. Diese zeichnen sich eher durch selbst führende Teams und weniger durch Hierarchien aus, durch gemeinsame Bestimmung von Zielen und Nutzen der Organisation. Basis der Zusammenarbeit ist Vertrauen und nicht Kontrolle.

Mit dem Wissen über Generationen und ihre Vorstellung vom Leben kann auch die Unternehmenskultur verbessert werden, zum Beispiel Werte gemeinsam zu definieren und zu leben, eine positive Fehlerkultur zu etablieren, Lebensballons zu leben oder für die Weiterentwicklung aller Mitarbeiter zu sorgen.

In einer solchen positiven Unternehmenskultur können alle Generationen ihren verschiedenen Lebensphasen konstruktiv kommunizieren und zusammenarbeiten und damit den Erfolg Ihres Unternehmens sicherstellen.

Interessant sind die Erkenntnisse auch für Institutionen, die Ehrenamtler suchen (und das sind ja immer mehr…). Jüngere Menschen möchten in die Ziele der Institution einbezogen werden, sie möchten wissen, warum sie Dinge tun sollen und was sie bringen – und nicht zuletzt wollen sie auch Prozesse ändern, wenn sie aus ihrer Sicht keinen Sinn machen. Ältere, vor allem Menschen, die schon viel Jahre ihr Ehrenamt ausüben, fühlen sich bedrängt und wenig wertgeschätzt durch ein solches Verhalten – und auch hier sind Konflikte vorprogrammiert.

Hier können durch Mediation oder Organisationsbegleitung Wege gefunden werden, solche Konflikte zu lösen oder sie gar nicht entstehen zu lassen, indem die unterschiedlichen Bedürfnisse und Ziele deutlich gemacht werden. Im zweiten Schritt können sie dann in konkretes Handeln umgesetzt werden, so dass Menschen ihren Organisationen erhalten bleiben. Denn die erfolgreichsten Organisationen haben gemischte Teams: Alter, Geschlecht, Fähigkeiten, Potenziale und vieles mehr.

Tragen Sie dazu bei, dass Teams verständnisvoll und Rücksicht nehmend miteinander umgehen und genießen Sie die Vielfältigkeit Ihrer Teams!

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