Ungewissheit aushalten und Zuversicht lernen in 4 Schritten

Die Welt besteht gefühlt aus Chaos - viele egoistische bzw. egozentrische Menschen scheinen das Sagen zu haben, scheinen über andere zu bestimmen. Sie sind laut, durchsetzungsstark und vermarkten sich selbst offensichtlich hervorragend. Auch von uns wird oft im Job verlangt, dass wir uns vermarkten - und wir bekommen nur bei (hoher) Leistung Anerkennung.

Gleichzeitig machen wir uns Sorgen um die Zukunft: Klimawandel (Sommer 2018!), Umwelt- und Tierschutz, Bedrohung der Demokratie - was wird uns die Zukunft bringen? Da entsteht schnell ein Gefühl von Ungewissheit - obwohl wir gleichzeitig ständig neue Zahlen, Fakten, Analysen erhalten, mit denen uns Politik, Medien und sogenannte Experten suggerieren, die Zukunft sei klar geregelt...

Die Wahrheit ist: Wir können die Zukunft nicht regeln! Und sie auch nur zu einem bestimmten Grad „voraussagen“. Denn niemand - weder (sogenannte) Experten noch Sie oder ich - können sagen, was in den nächsten 15 Minuten passiert, während Sie diesen Text lesen!

Wie können wir also lernen, Ungewissheit auszuhalten und zuversichtlicher zu werden, trotz aller schlimmen Nachrichten?

1. Werden wir uns unserer inneren Werte bewusst. Sie zeichnen uns aus, nicht unsere Leistungen.

Schon vor über 40 Jahren schildert Erich Fromm in „Haben oder Sein“ (1976), wie negativ es sich auf eine Gesellschaft auswirkt, wenn sich alle Menschen verstellen, um sich selbst besser zu verkaufen. Fromm nannte das „Marketingcharakter“ und zeigte, dass Menschen sich in dieser Rolle nur noch über das „Haben“ definieren, ihr Selbst nicht (mehr) kennen und keine echten Gefühle haben.

Damit ist es schwer, zuversichtlich zu sein, da Menschen von der Anerkennung anderer abhängig sind. Und diese bekommen sie nur, wenn sie sich so verhalten, wie von anderen (zum Beispiel dem Arbeitgeber) gewünscht. Wer sich also nur über seine Leistung definiert, fühlt sich schnell bedroht.

Wer jedoch sich selbst gut kennt und sich so, wie er oder sie ist, gut be-wertet, kann zuversichtlich in die Zukunft sehen. Sie oder er wird sich nicht aus ihrem oder seinem Lebenskonzept bringen lassen, wenn etwas schief läuft - dazu mehr im 4. Schritt.

2. Erkennen wir an, dass die Zukunft trotz aller Analysen nicht festgelegt ist.

Auch wenn es von vielen Seiten suggeriert wird, ist die Zukunft nicht planbar. Bestimmte Schritte können wir tun, zum Beispiel Geld sparen oder ein Haus kaufen als Sicherheit - was jedoch wirklich wird, können wir nicht regeln. Das klingt hart und eher pessimistisch – wenn wir jedoch jetzt umschalten, können wir lt. Helga Nowotny (s.u.) die Chancen erkennen: Die Zukunft ist gestaltbar, gerade weil sie nicht festgelegt ist! Jede und jeder kann seine Möglichkeiten nutzen und seine eigene Zukunft entwickeln. Manchmal ist etwas Geduld erforderlich - aber es gibt immer Alternativen. Damit entsteht bei uns allen Zuversicht und Hoffnung - und geben uns gedankliche Freiräume und Motivation, unsere Wünsche zu verwirklichen.

3. Lassen Sie uns lernen, Ungewissheit auszuhalten - durch Flexibilität und durch positive Zukunftsvisionen.

Wir lernen, dass Umwege o. k. sind, dass wir Risiken eingehen und manchmal Dinge infrage stellen müssen, die bisher funktioniert haben. Die Welt verändert sich, ob wir es wollen oder nicht - und uns geht es besser, wenn wir, wie Helga Nowottny schreibt, „die Ungewissheit umarmen“. In unserer komplexen Welt sind die heutigen Regeln manchmal nicht mehr sinnvoll - daher gewinnen wir Zuversicht, wenn wir dem Neuen eine Tür öffnen und uns auf Neues einlassen.

Das erfordert Mut, bestehende Sicherheiten aufzugeben und sich von anderen zu unterscheiden, sagt Erich Fromm in seinem Buch „Haben und Sein“. Er ist überzeugt, dass dieser Mut nur auf der Grundlage des Glaubens möglich ist (im Alten Testament bedeutet Glauben Gewissheit) - andere sprechen von der Kraft der Spiritualität.

Stellen wir uns unser Leben vor, wie es in Zukunft sein soll - unser persönliches, das unserer Familien, das der Gesellschaft. Eine Idee: Diskutieren wir mit den anderen, wir können Bilder malen oder Collagen kleben – und trotzdem bleiben wir gedanklich flexibel. Wir schaffen uns zeitliche Freiräume, damit wir unsere Ideen entwickeln können. Und später sehen wir uns immer wieder unsere Bilder an - Sie werden sehen, Ihre Zuversicht wird gestärkt!

4. Lassen Sie uns lernen, Situationen, die nicht zu ändern sind, anzunehmen.

Das ist der schwerste der vier Schritte, denn zu solchen Situationen gehören auch Probleme wie geschäftlicher oder persönlicher Misserfolg.

Lassen Sie uns lernen, eine solch schwere Situation anzunehmen und zu akzeptieren, dass sie unabänderlich ist. Lassen Sie uns lernen, damit umzugehen und die schwere Situation als Herausforderung zu sehen, unsere Stärken zu zeigen - vielleicht haben wir bis dahin noch nicht einmal gewusst, dass wir diese Stärken haben!

Lassen Sie sich nicht einreden, das alles aufwärtsgeht, wenn Sie sich nur genug anstrengen und positiv denken. Wir zeichnen sich durch unsere inneren Werte aus, nicht durch unsere Leistung, wie bereits im 1.Schritt beschrieben! Wir sind die gleiche besondere Persönlichkeit wie vor diesem Einschnitt in unser Leben - möglicherweise können wir nicht mehr die gleichen Dinge tun wie vorher - dafür entdecken und nutzen wir neue Fähigkeiten und Eigenschaften an uns. Natürlich erfordert diese Haltung ein intensives Nachdenken über sich selbst, über Fehler, die wir möglicherweise gemacht haben – denn wir wollen ja aus der Situation lernen.

Menschen fühlen sich oft abgewertet bei Misserfolgen, sie entwickeln Schuldgefühle, da sie sich nicht mehr vermarkten können. Daher ist es so wichtig, sich selbst gut zu kennen und zu wissen, wer wir sind - ohne Position im Job, Ehrenamt oder Besitz.

Dann können wir mit viel Zuversicht die schlimme Situation hinter sich lassen und uns auf unsere neu zu gestaltende Zukunft konzentrieren. Lassen wir uns nicht diktieren, wie diese Zukunft aussehen soll! Lassen Sie uns uns annehmen, voller Vertrauen, dass wir unsere Probleme bewältigen können. Wir können ein gutes Leben auch mit einer Firmenpleite oder einem Jobverlust führen; nicht erst, wenn wir wieder eine neue vergleichbare Position haben.

Wichtig ist, dass uns bewusst ist, was wirklich geht - und wir nicht - wie unsere Gesellschaft manchmal vorgibt - über unsere Defizite nachdenken und im „Jammertal“ verharren – oder immer wieder Situationen durchspielen mit dem Gedanken „Hätte ich doch bloß damals….“. Mit unserer vertrauten Persönlichkeit, dem Mut, zu uns zu stehen und einer daraus resultierenden Zukunftsorientierung können wir „die Ungewissheit umarmen“ und Zuversicht gewinnen.

Wenn es Ihnen schwer erscheint, die vier Schritte allein zu gehen, lassen Sie sich begleiten – damit wird Ihr Weg leichter und Sie gewinnen früher Ihre Zuversicht zurück.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei Ihren Entdeckungen und Zukunftsideen!

Buchtipps:

Jorge Burcay: Drei Fragen. Wer bin ich? Wohin gehe ich? Und mit wem?

Erich Fromm: Die Kunst des Lebens. Zwischen Haben und Sein.

Helga Nowottny: Die Liste der Ungewissheit.

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