Was heißt eigentlich Führung?

von Anke Lüneburg

Es ist spannend, wenn man Mitarbeiter/innen eines Unternehmens fragt, wer bei ihnen Führungsaufgaben hat. Da werden fast immer die Vorgesetzten genannt, also Gruppenleiter, Abteilungsleiter, der Vorstand usw..

Aber was passiert in Projekten? Auch dort führt jemand, nämlich der oder die Projektverantwortliche oder Projektleiter/in. Was also ist „Führen“?

Wer „führt“, versucht andere Menschen von einer Idee, gemeinsamen Werten und / oder Zielen zu überzeugen und zu erreichen, dass sie diese Überzeugung in aktives Handeln umwandeln. Überzeugen – und damit Einfluss auf das Handeln anderer nehmen – kann nur jemand, der Menschen erreicht. Führung oder Leitung hat somit immer etwas mit der Fähigkeit zu tun, sich in andere hinein zu denken und die richtigen Worte zu finden, um gehört und verstanden zu werden.

Ausführung von Führungsaufgaben

Die Ausführung von Führungsaufgaben erfolgt in dem Beziehungsgeflecht von:

  • Menschen (Mitarbeitern und Führungskräften)
  • Leitbildern, Zielen, Strategien, Plänen
  • Arbeitsaufgaben
  • Bemessungs- und Belohnungssystemen
  • Gruppen (Projektgruppen, Teams)
  • Netzwerken (in- und externe Interessengruppen)
  • Organisationsstrukturen (und -Kulturen)

(Quelle: Hintz 2013, S.33)

Potenziale erkennen

Die Herausforderung für Menschen in Führungspositionen besteht darin, die sehr unterschiedlichen Kompetenzen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter bestmöglich für den Erfolg des Unternehmens oder des Projektes zu nutzen. Grundvoraussetzung ist, dass eine Führungskraft sowohl die fachlichen als auch die sozialen und emotionalen Potenziale erkennt. Die Beurteilung der fachlichen Fähigkeiten allein sichert nicht den Einsatz der Mitarbeiterinnen für die Unternehmung.

Wer gut führt, gewinnt die Mitarbeiter für die Ziele des Unternehmens und erschließt ihnen den Sinn ihres Tuns. Er oder sie erreicht eine Motivation von innen heraus, also ein sogenanntes intrinsisches Handeln im Sinne der Unternehmensziele. Extrinsische Motivation, z.B. über Prämien oder Dienstwagen, erreichen niemals die gleiche Kraft wie eine Begeisterung für eine Tätigkeit.

Nun fragen Sie sich als (neue) Führungskraft sicherlich, wie Sie Ihre Mitarbeiter emotional erreichen können? Im Vordergrund steht also die Frage: Wie sollte ich mich als Führungskraft idealerweise verhalten, damit die Mitarbeiterinnen motiviert sind und das Team gemeinsam an der Problemlösung arbeitet?

Kernbereiche der Führung

Sehen Sie sich einmal die untenstehenden Kernbereiche für Führungsaufgaben an. Hier sehen Sie nicht nur die „klassischen“ Bereiche wie Organisation und Arbeitsprozesse, sondern sollten vor allem den mittleren Bereich genauer betrachten:

Führungsbereiche

           Aufgaben

Organisation

  • Steuerung der gesamten Organisation
  • Entwicklung und Optimierung der Arbeitsprozesse
  • Personalplanung, Personalauswahl
  • Controlling usw.

Mitarbeiter

  • Informieren und Kommunizieren
  • Gespräche führen
  • Motivieren
  • Hilfestellung geben, coachen, beraten
  • Auf die Einhaltung der Ziele und Regeln achten usw.

Arbeitsprozesse

  • Ziele gemeinsam entwickeln und vereinbaren
  • Planen
  • Entscheiden
  • Durchführung veranlassen
  • Kontrollieren
  • Bewerten
  • Fachprobleme erkennen und lösen usw.

Quelle: Hintz 2013, S. 31

Merkmale von Führung

Viele Führungskräfte vergessen über der Erledigung der beiden anderen Aufgabenkomplexe den Bereich „Mitarbeiter“. Es werden für die Tätigkeit wichtige Informationen nicht weitergegeben, Entscheidungen der Unternehmensleitung werden nicht kommuniziert oder Mitarbeiter finden schlicht in der Wahrnehmung von ihren Vorgesetzten oder Projektleitern nicht statt. Dazu gehört auch, wenn ein Projektleiter meint, alles allein machen zu müssen, weil „es schneller geht als wenn ich das lange erkläre“ oder „die Mitarbeiter verstehen nicht, was ich will“. Oder Vorgesetzte haben ein negatives Menschenbild -  das führt zur (unbewussten) Ablehnung ihrer Mitarbeiter, selbst wenn das nicht offen kommuniziert wird. Menschen spüren aber, ob sie im Kosmos anderer eine Rolle spielen – entsprechend richten sie ihre innere Motivation aus.

Delegieren, Zusammenhänge erläutern, gute Einarbeitung, regelmäßige Meetings und Unterstützung sind wichtige Merkmale von Führung – findet das nicht statt, so wird NICHT geführt. Nicht-führende Führungskräfte sind eine große Belastung für Mitarbeiter – häufig größer als autoritäre Chefs, denn sie wissen nicht, woran sie sind, welche Ziele und Aufgaben wichtig sind, können ihre eigene Leistung nicht einschätzen usw..

Wandel und Weiterentwicklung organisieren

Die Organisation permanenten Wandels gehört zum Kerngeschäft von Führungskräften. Unternehmen sind kleine Zahnräder im großen System des Wandels dynamischer Märkte und sich verändernder gesellschaftlicher, sozialer und ökologischer Rahmenbedingungen. Führungskräfte sind ständig gefordert, sich dem Wandel und der Weiterentwicklung ihrer Unternehmungen zu stellen. Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens ist jedoch nicht allein von der formalen Organisationsstruktur des Unternehmens abhängig, sondern vor allem von den Organisationsmitgliedern, den Mitarbeitern, die ein Unternehmen durch ihr Verhalten mitgestalten und repräsentieren. Die Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, auf der einen Seite den immer wieder neuen Anforderungen zur Weiterentwicklung und Neugestaltung der Aufbauorganisation des Unternehmens gerecht zu werden und auf der anderen Seite das Verhalten der Mitarbeiter so zu beeinflussen, dass sie einen größtmöglichen Beitrag zu den Unternehmenszielen leisten.

Rolle der Mitarbeiter deutlich machen

Mitarbeiter wollen „mitgenommen“ werden. Sie müssen verstehen (können), warum bestimmte Veränderungen und Anpassungen notwendig sind, um das Unternehmen erfolgreich weiterzuentwickeln und welche Rolle sie darin spielen. Der Führungskraft kommt nicht nur die Aufgabe zu, die Mitarbeiter zu informieren und die Zusammenhänge für Veränderungen darzustellen. Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter vielmehr motivieren, die Veränderungen für die Weiterentwicklung ihrer Unternehmung mitzutragen. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die „Veränderungsbereitschaft“ von Mitarbeitern.

Fazit: Versteckte Faktoren erkennen und Mitarbeiter wertschätzen

In Unternehmen gibt es häufig eine sogenannte „Hidden Agenda“, die bei Erkennung der versteckten Faktoren dazu beitragen kann, Probleme im Unternehmen zu lösen. Während sich alle Sachfragen wie Kosten, Qualität und Zeit an der „Oberfläche“ befinden – also gut sichtbar und dadurch systematisch abzuarbeiten, gibt es „darunter“ versteckte Faktoren, die den Wandel behindern können, wenn sie negativ sind: Dazu gehören die innere Einstellung der Mitarbeiter (Einstellungsakzeptanz) sowie das äußere Verhalten (Verhaltensakzeptanz). Die zielgerichtete Beeinflussung beider Komponenten ist Hauptaufgabe von Führungskräften. Der Erfolg der Beeinflussung hängt maßgeblich vom Führungsstil und dem Umgang mit Mitarbeitenden ab. Schaffen es Führungskräfte oder Projektleiterinnen, ihre Mitarbeiter intrinsisch zu motivieren, indem sie ihnen aufzeigen, welche wichtige Rolle sie mit ihren Kompetenzen im Unternehmen spielen, so erreichen sie ein Mitarbeiterverhalten, das sich in hoher Kundenorientierung, „Mitdenken“ für das Unternehmen und großer Einsatzbereitschaft auszeichnet.

Quellenangaben:

Hintz, A.J. (2013): Erfolgreiche Mitarbeiterführung durch soziale Kompetenz. Eine praxisbezogene Anleitung. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden.

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