Wie erkenne ich Verhaltensmuster im Gespräch?

Vier Lebenspositionen – ein Weg

Das wissen wir alle: Kommunikation ist nicht einfach! Wie schnell werden eigene Aussagen missverstanden oder Gesprächsinhalte von anderen anders auf als gemeint…. durch soziale Medien wird die Herausforderung der Kommunikation noch größer! Insbesondere für Führungskräfte ist jedoch eine gute Kommunikation das A&O für den Unternehmenserfolg.

Die Transaktionsanalyse ist ein Modell, das den Umfang von Kommunikationsprozessen erklärt und somit helfen kann: Ein Gespräch wird nicht allein auf den Inhalt reduziert, sondern soll im Zusammenhang mit vermuteten Verhaltensmustern und Hintergründen der Gesprächspartner gesehen werden. Das Wissen um diese Verhaltensmuster ist die Grundlage, um in verschiedenen Gesprächssituationen mit den unterschiedlichsten Partnern im Unternehmen, aber auch im Privat- oder Sozialleben professionell und verantwortungsvoll agieren zu können.

Vier Lebenspositionen

Ein hilfreiches Element der Transaktionsanalyse sind die vier Lebenspositionen. Lebenspositionen sind Grundeinstellungen sich selbst und anderen gegenüber (Rüttinger 1999, S.63-66).

  1. "Ich bin nicht ok, du bist nicht ok." Menschen mit dieser Lebensposition denken von sich und anderen negativ, resignieren schnell und haben eine hoffnungslose Grundhaltung. Diese Position kann ihre Ursache in der Kindheit haben, wenn einem Kind vermittelt wird, es sei überflüssig oder zu nichts zu gebrauchen.
  2. "Ich bin ok, du bist nicht ok." Hier verbirgt sich eine arrogante, egozentrische Lebensposition. Diese Menschen meinen, nie Fehler zu machen und erwarten von ihren Mitmenschen stetige Bewunderung. Wenn gelobt wird, so wird es nicht voll akzeptiert, da die Lobenden nicht ok sind. Wenn Kinder schon früh perfekt oder besser sein mussten als andere und Fehler nicht erlaubt waren, geraten sie in diese Lebensposition.
  3. "Ich bin nicht ok, du bist ok." Menschen mit geringem Selbstwertgefühl befinden sich in dieser Lebensposition. Sie schließen sich selbst aus und fühlen sich unterlegen. Sie begehren aber nicht auf, sondern finden sich damit ab und isolieren sich oder richten Aggressionen gegen sich selbst. In der Kindheit haben sie zu spüren bekommen, dass sie "zu blöd" oder faul sind, dass sie Dinge nicht schaffen oder verstehen können. Auch in Unternehmen kann diese Haltung Mitarbeitenden vermittelt werden, die dann innerlich kündigen.
  4. "Ich bin ok, du bist ok." Diese positive Lebensposition ist das Ziel der Transaktionsanalyse und damit der professionellen Kommunikation zwischen Führungskräften und ihren Partnern:
  • Sich selbst etwas zutrauen und für seine Ziele einsetzen,
  • wissen, was man kann,
  • Verantwortung übernehmen und anderen vertrauen.

Der Weg

Mit Hilfe der Transaktionsanalyse können Führungskräfte Verhaltensmuster erkennen und versuchen, Änderungen herbeizuführen.  Insbesondere Führungskräfte sollten das Ziel haben, sich zur 4. Lebensposition hinzuentwickeln, also eine tief positive Grundhaltung: ´Ich bin o.k. – du bist o.k.` (Win-Win-Prinzip) einzunehmen.

Um sich dorthin zu entwickeln, hilft es schon,

  • zwischen Person und Situation zu unterscheiden: Menschen handeln in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich, d.h. wenn Erwartungen nicht erfüllt werden oder wir uns über andere ärgern, schieben wir das der Persönlichkeit des Gesprächspartners zu. In Wirklichkeit war die Reaktion des anderen der Situation geschuldet und sein Handeln nicht anders möglich. Ein Beispiel ist die Ablehnung einer Beförderung auf eine Stelle, die einen Studienabschluss voraussetzt, an eine Mitarbeiterin mit einer kaufmännischen Ausbildung. Hier kann die Vorgesetzte die Mitarbeiterin nicht befördern, da sie die Voraussetzung nicht erfüllt. Reagiert die Mitarbeiterin ungehalten und macht die Ursache an der Vorgesetzten fest („die mag mich nicht“), so befindet sie sich in der 1. oder 2. Lebensposition.
  • zwischen Person und Funktion zu unterscheiden: Um ihre Unternehmensfunktion zu erfüllen, müssen Mitarbeitende und Führungskräfte ein bestimmtes Verhalten zeigen, das aber nichts mit ihrer Person zu tun hat. So reagieren Mitarbeitende z.B. negativ auf Controller oder Vorgesetzte, denen sie Zahlen zuliefern sollen, so dass diese nach dem Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung ebenfalls negativ reagieren und sich entsprechend verhalten.

Ich habe es einmal erlebt, dass eine neue Führungskraft immer wieder äußerst negativ über ein Team und dessen Leistungen gesprochen hat. Das hat dazu geführt, dass die Mitarbeiter, die vorher sehr gute Leistungen erbracht haben, Schritt für Schritt schlechter gearbeitet haben, da sie die Ablehnung und Abwertung der Führungskraft deutlich spürten. So begann in diesem Team die Abwärtsspirale, die erst mit dem Weggang der Führungskraft endete.

Kleine Übung zum Abschluss

Wollen Sie Ihre eigene Einstellung gegenüber Personen aus Ihrem beruflichen Umfeld, zu denen Ihr Verhältnis nicht einfach ist, einmal ansehen? Dann stellen Sie sich am besten folgende Fragen und denken Sie an die vier Lebenspositionen (nach Rüttinger 1999, S.66):

Welche Einstellung haben Sie zu diesen Personen?

Welche Einstellung haben Sie dabei sich selbst gegenüber?

In welchen Situationen kommt das vor?

Wie schaffen Sie es, mit dieser Person in die 4. Lebensposition zu kommen?

Nehmen Sie sich die Zeit setzen Sie sich konstruktiv-kritisch mit den Personen und vor allem mit sich selbst auseinander! Ich wünsche Ihnen einen guten Weg und interessante Erkenntnisse!

Quellenangabe:

Rüttinger, R. (1999): Transaktionsanalyse. Arbeitshefte Führungspsychologie Band 10. 7.Auflage. Sauer-Verlag, Heidelberg

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