Wie schaffen es Menschen, gut durch diese Krisenzeit zu kommen?

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In acht Schritten mit Begleitung für Menschen und Unternehmen

Die Ostsee in Schleswig-Holstein war vom 19.-21.10.23 von einer der schlimmsten Sturmfluten betroffen, die das Land je getroffen haben. Viele Menschen an der Küste haben ihre Existenz, ihr Hab und Gut verloren – und in hochwassergefährdeten Gebieten springt auch keine Versicherung ein.

Auch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten belasten viele Menschen, insbesondere, wenn persönliche Schicksale damit verbunden sind.

Als kleiner Trost soll ein Blick auf die acht Krisenphasen (siehe Grafik) dienen, die ich in Anlehnung an die Trauerphasen von Elisabeth Kübler-Ross in den Pandemie-Zeiten entwickelt habe. Hier zeigt sie beispielhaft den Weg durch die Hochwasser-Krise, kann aber auch für den Umgang mit den Kriegen genutzt werden.

  1. Der Schock kam spätestens Freitagabend: Das Wasser steigt und steigt! Es trifft uns! Vor allem trifft es mein Geschäft, mein Restaurant, meine Gemeinde! Gefahr droht: Für unsere Sicherheit und unsere Zukunft.
  1. Während der aktuellen Krise wollen wir die Situation nicht wahrhaben: Es ist alles übertrieben – Wer kann sich vorher schon vorstellen, wie hoch ein Wasserstand von 2m über NN sein kann? Gerade an der Ostsee – im Gegensatz zur Nordsee, wo die meisten mit Hochwasser vertraut sind - also wird nicht viel ausgeräumt oder nur das Wichtigste gesichert, die Schotten von 1,60m und die Sandsäcke werden schon ausreichen. Und dann steigt das Wasser sogar auf 2,27m und ich muss ohnmächtig zusehen, wie meine Sachen wegschwimmen, unbrauchbar werden und dafür sorgen, dass ich hier nicht mehr arbeiten und/ oder wohnen kann.
  1. Wir sind jetzt wütend – auf den Staat, auf uneinsichtige Mitbürger, die Kanu fahren, aufs Schicksal, auf wen auch immer – irgendwer muss doch Schuld sein an dieser schrecklichen Situation! Ganz schlimm: Bei Naturkatastrophen können wir niemanden verantwortlich machen (höchstens uns selbst fürs Nicht-Handeln) – nun wissen wir nicht, wohin mit unserer Wut. Gleichzeitig müssen wir vernünftig sein, einen klaren Kopf behalten, als Chef oder Inhaberin den Mitarbeitenden Mut zusprechen – woher holen wir die Kraft? Wie soll es weitergehen? Wie verhindere ich den wirtschaftlichen Absturz? An diesem Punkt könnten wir erstmals Unterstützung gebrauchen: Dass uns jemand zuhört, dass wir einfach mal alles loswerden und über unsere Sorgen sprechen können…und dass wir mal nicht stark sein müssen.
  1. Vielleicht verhandeln wir mit dem lieben Gott, wenn wir gläubig sind, oder mit dem Schicksal – und natürlich ganz konkret mit dem Land, mit der Kommune, mit dem Finanzamt. An dieser Stelle sind jetzt einige von uns. Manche sind noch in Schockstarre. Andere müssen ihre Sorge vor der Zukunft mühsam zurückhalten, sind noch wütend oder sind schon erschöpft vom Aufräumen, Putzen, Regeln.

Um zu sehen, wie es weitergehen kann und wird, zeige ich Ihnen anhand der Grafik den Verlauf einer Krisein Anlehnung an die Trauerphasen von Elisabeth Kübler-Ross, die für Verwandte von schwerkranken Menschen entwickelt wurden. Wir alle gehen im unterschiedlichen Tempo durch die Phasen – aber es geht irgendwann wieder bergauf.

  1. Zunächst kommt noch der dunkle Tunnel der Depression. Nun kommen Fragen auf wie „Womit habe ich das verdient? Ich habe doch immer so viel gearbeitet!“ oder „Wann wird es wieder aufwärts gehen?“. Wir können nicht glauben, dass diese Situation des Nicht-Arbeiten-Könnens, der Kurzarbeit für die Mitarbeiter, der vielleicht drohenden Insolvenz noch lange anhält. Dieses Hochwasser und seine Folgen kann uns doch nicht unser Haus oder unseren Betrieb kaputt machen!
    An dieser Stelle wird es nochmal hart – je nach Persönlichkeit kommen wir hier mehr oder weniger gut zurecht. Es ist wichtig, dass Sie Menschen haben, mit denen Sie sich austauschen können, wo Sie auch jammern und weinen dürfen.
    Als Unternehmen: Informieren Sie sich über finanzielle Unterstützung durch Staat und Banken; überlegen Sie, wie Sie Ihren Betrieb umorganisieren können, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Welche Struktur wird jetzt gebraucht? Machen Sie Pläne, was Sie als Erstes, Zweites, Drittes machen. Was sind Ihre wichtigsten Ziele: Das Unternehmen halten? Das Haus wiederaufbauen? Mitarbeiter halten, indem sie mithelfen, vielleicht nicht in Kurzarbeit müssen? Es ist gut, wenn Sie als Führungskraft oder Chefin ein paar Schritte voraus sind.
    Und wenn Sie das Gefühl haben, Sie halten es nicht mehr aus, Sie möchten nicht mehr stark sein – oder Sie brauchen einfach eine Unterstützung beim Vor-Denken und Voraus-Sein – dann suchen Sie sich Coaches, Organisationsberater, Supervisoren. Es gibt gute Techniken aus dem Coaching oder dem Projektmanagement, die Sie unterstützen können, damit Sie zum Ende des Tunnels kommen.
  1. Nun geht es aufwärts! Das Schlimmste ist überstanden! Sie beginnen zu experimentieren: Was geht jetzt? Wo stehen wir? Wann können wir wie und mit wem starten? Es ist wie eine Aufräumaktion: In welcher Ecke fange ich an? Sie werden wieder handlungsfähig. Vielleicht mit geringeren Einnahmen als vorher, mit weniger Mitarbeitern, weniger Aufträgen – vielleicht haben Sie sogar Ihr Unternehmen verloren - aber es geht weiter.
  1. Eins ist sicher: Unsere Welt ist nach dem Hochwasser eine andere. Wir alle müssen z.B. nachdenken, wie wir unsere Städte und Gemeinden besser vor Hochwasser schützen, ob wir Häfen mit sehr hohen Schotten schützen, vergleichbar mit den Schöpen (Toren) zwischen den Deichen an der Nordsee, die bei drohender Sturmflut geschlossen werden. Jeder Betroffene hat für sich weitere Themen, die er für sich klären muss. Natürlich können Sie der Zeit vor der Sturmflut hinterher trauern – und das ist für eine gewisse Zeit ok. Aber die Zeit der Trauer und des Verlusts war doch schon lang genug, oder? Entschließen Sie sich, in die Zukunft zu blicken, nehmen Sie die Welt und ihre Umgebung so an, wie sie jetzt ist – eine andere gibt es nicht mehr. Reflektieren Sie jetzt, wie Sie persönlich oder Ihr Betrieb das Hochwasser überwunden haben – was hat Ihnen geholfen? Was war im Nachhinein betrachtet sogar gut? Vielleicht Nachbarschaftshilfe, Solidarität mit anderen, mit dem Land und der Kommune? Sprechen Sie mit Vertrauenspersonen darüber, tauschen Sie sich aus – gönnen Sie sich professionelle Begleitung und Beratung, damit Sie ein gutes Krisenmanagement für das nächste Mal aufbauen können – auch für Sie persönlich.
  1. Nun sind Sie so weit: Sie können die neue Lage akzeptieren. Es ist, wie es ist. Sie brauchen noch eine gewissen Zeit, um in Ihrem Berufs- und Privatleben sowie in Ihrem Unternehmen alles wieder so aufzubauen, dass es passt. Alles, was Sie während der Hochwasser-Tage erlebt haben, integrierenSie jetzt in Ihr Leben - und sind gut auf die nächste Krise vorbereitet.

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